Der Zustand der biologischen Vielfalt ist alarmierend, die Verluste des gebauten Erbes sind hoch, landschaftliche Qualitäten gehen unwiederbringlich verloren. Um diese Entwicklungen zu bremsen, lancierte der Schweizer Heimatschutz im März 2019 gemeinsam mit Pro Natura, BirdLife Schweiz und der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz die Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)». Am 8. September 2020 konnte das Volksbegehren der Bundeskanzlei übergeben werden. Am 4. März 2022 unterstrich der Bundesrat den Handlungsbedarf und verabschiedete die Botschaft und damit den indirekten Gegenvorschlag zuhanden des Parlaments. Nach rund eineinhalbjähriger parlamentarischer Debatte und der Annahme eines Gegenvorschlags durch den Nationalrat, weigerte sich der Ständerat, sogar auf einen deutlich abgeschwächten Kompromiss einzutreten. Damit kommt die Biodiversitätsinitiative am 22. September 2024 vors Volk.
Die Initiative knüpft an den Natur- und Heimatschutzartikel 78 der Bundesverfassung an und will unser Natur-, Landschafts- und Kulturerbe mit folgenden Hauptanliegen für künftige Generationen sichern:
Die Initiative sorgt dafür, dass die Biodiversität und unsere Lebensgrundlagen wie eine funktionierende Bestäubung durch Insekten, gesunde Böden und sauberes Trinkwasser erhalten bleiben. Um die Biodiversität in der Schweiz zu stärken, besteht vor allem bei der Fläche, der Qualität und der Vernetzung der Lebensräume grosser Handlungsbedarf.
Eine identitätsstiftende und lebenswerte Baukultur baut auf intakten Lebensgrundlagen und Ökosystemen auf. Im Zusammenspiel von gebauten und natürlichen Elementen sind über Jahrhunderte charakteristische und heimatliche Landschaften entstanden. Die Initiative fördert wertvolle Landschaften und das baukulturelle Erbe, indem sie die heutigen Landschaftsperlen (BLN-Objekte) sowie schöne Ortsbilder (ISOS-Objekte) für zukünftige Generationen sichert.
Der Klimawandel und der Verlust der Biodiversität sind eng miteinander verbunden. So können artenreiche Mischwälder mit unterschiedlichen Baumarten besser mit Hitze und Trockenheit umgehen als reine Fichtenwälder. Natürliche Flüsse schützen vor Überschwemmungen und speisen das Grundwasser. Gleichzeitig sind Wälder, Wiesen und insbesondere Moore wichtige Kohlenstoffspeicher, indem sie über das Pflanzenwachstum CO2 aufnehmen und als Kohlenstoff speichern.
Die Folgen des Klimawandels machen sich im Siedlungsraum besonders deutlich bemerkbar. Der oft flächendeckende Asphalt wird im Sommer glühend heiss. Bei Starkregen kann das Wasser nicht versickern, was zu Überschwemmungen führt. Statt teure Klimaanlagen zu installieren, können Bäume erhalten und gepflanzt sowie möglichst viele Boden-, Fassaden- und Dachflächen begrünt werden. So wird die Biodiversität gefördert und gleichzeitig die Lebensqualität gesteigert.
Zu einem wirkungsvollen Klimaschutz gehört für die Initianten auch der Ausbau der erneuerbaren Energien. Sie sind überzeugt, dass die Energiewende gelingt und mit der Initiative vereinbar ist. Die grossen Potenziale liegen nicht allein im Ausbau, sondern auch in griffigen Massnahmen zur Energieeffizienz und zum Energiesparen. Während die Potenziale bei altbewährten Produktionsformen wie der Wasserkraft weitgehend ausgeschöpft sind, weist bei den neuen erneuerbaren Energien vor allem die Solarenergie noch grosse Ausbaumöglichkeiten auf, und dies ohne Eingriffe in geschützte Perimeter.
Die Biodiversitätsinitiative will vor allem eines: den Menschen in der Schweiz ein gutes Leben ermöglichen. Die Sicherung der Lebensgrundlagen ist dabei fundamental. Darauf baut unser Leben auf. Wenn wir das aufs Spiel setzen und den Ast absägen, auf dem wir sitzen, riskieren wir viel. Die Sicherung und Weiterentwicklung unseres landschaftlichen und baukulturellen Erbes basiert auf intakten Lebensgrundlagen wie gesunde Böden oder sauberes Trinkwasser. Qualitätsvolle Baukultur schafft dabei Quartiere, Städte und Dörfer, in denen wir uns wohl- und zu Hause fühlen. Auch wenn viele Kritiker die Biodiversitätsinitiative für rückwärtsgewandt und konservierend halten, ist das Gegenteil der Fall. Im Sinne von «Zukunft braucht Herkunft» sichert sie nächsten Generationen das, was sie für ein gutes Leben wünschen und brauchen.
Stefan Kunz, Geschäftsführer Schweizer Heimatschutz
Biodiversitätsinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft»
biodiversitaetsinitiative.ch