Während der Tourismusblüte vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurden in der Schweiz Bahnen auf zahlreiche Berggipfel geplant und gebaut, um die Feriengäste aus nah und fern zu den schönsten Aussichtspunkten zu befördern. Dies rief den Schweizer Heimatschutz auf den Plan, der wiederholt Widerstand leistete. Besonders deutlich äusserte sich Heimatschutzpräsident Ernest Bovet 1912 in der Streitschrift Heimatschutz und Bergbahnen. Als «Kampf gegen die Sucht nach Spekulation, die Begierde nach Gold und rohem Genuss» bezeichnete er den Widerstand des damals noch jungen Verbandes gegen den Bergbahnboom. Er brachte dabei nicht nur ästhetische Einwände gegen die neuen technischen Anlagen vor. In seiner Kritik an der touristischen Eroberung der schweizerischen Alpengipfel argumentierte Bovet auch stark fortschrittskritisch und mit patriotischen Überlegungen.
Titelbild der Zeitschrift Heimatschutz Nr. 9/1912, der die Streitschrift von Ernest Bovet beigelegt war.
Die schönste Aussicht sollte mühsam erkämpft werden, denn erst die Leiden des Aufstiegs führten zum richtigen Verständnis des sich darbietenden Panoramas. Denn, so Bonvin, «der Bummler, der mühelos hinaufgepufft wurde, ist lauter Geschwätz und eitle Neugierde und Respektlosigkeit». Und weiter: «... wie sieht es nun aus bei Leuten, die überhaupt den Berg nie verstanden haben, die ihren Gedankenkreis auf Tennisspiel und Humpelröcke beschränken? Der höchste Grad ihrer Stimmung ist Verblüffung; sie gaffen, und dann geht es sofort zum Postkartenschreiben, zum blöden Schwatzen und zum Champagner.»
Bovets Fazit: «Dem wahren Bergsteiger ist das ganze Gebirge (nicht nur der Gipfel) ein lebendiges Wesen. (…) Auf dem Gipfel ist ihm die Rundsicht keine theatralische Überraschung, sondern die harmonische Krönung des Ganzen. Verbergen ihm auch die Wolken jede Aussicht, er trägt den ganzen Berg in seiner Erinnerung; auf dem Felsen hingestreckt, als Kissen den Rucksack, erhaben über die Kleinlichkeiten, die unser Leben zerfetzen, richtet er den Blick auf den stillen Reigen der Nebelgestalten und atmet mit nackter Brust die Freiheit ein.»
Heimatschutz/Patrimoine
Die Ausgaben der Zeitschrift seit 1905 sind im Archiv von E-Periodica einsehbar. Neuere Jahrgänge werden nach und nach ergänzt.
Heimatschutz und Bergbahnen
Prof. Dr. Ernest Bovet in der Zeitschrift Heimatschutz, 1912
Ganzer Artikel unter heimatschutz.ch/bergbahnen