Die Gemeinde Prangins liegt mitten im stark prosperierenden Raum zwischen Lausanne und Genf. Dem anhaltenden Siedlungsdruck begegnet die Gemeinde mit gezielten Investitionen in die Pflege und Aufwertung der bestehenden baukulturellen und landschaftlichen Qualitäten und schafft damit Mehrwerte für alle. Hierfür zeichnet sie der Schweizer Heimatschutz mit dem diesjährigen Wakkerpreis aus.
Der Wirtschaftsraum rund um den Genfersee wächst seit Jahrzehnten. Dieser Aufschwung hat sich in die Landschaften und Ortsbilder eingeschrieben und beste Böden verschwinden lassen. Bund und Kantone haben inzwischen starke Massnahmen gegen die fortschreitende Zersiedelung ergriffen und wollen die Bautätigkeit auf die Städte und ihre näheren Agglomerationen konzentrieren.
Klare Wachstumsvorgaben gelten auch für Prangins, einer Nachbargemeinde der prosperierenden Kleinstadt Nyon. Als Teil des Ballungsraums «Grand Genève» soll ihre Wohnbevölkerung bis 2030/40 um rund 30% zunehmen.
Die Gemeinde Prangins vertritt seit rund 15 Jahren die Haltung, dass eine gelungene Siedlungsentwicklung nicht die Erfüllung von Mengenvorgaben bedeutet, sondern eine fundierte Auseinandersetzung mit den vorhandenen Qualitäten des Ortes verlangt und gezielte Strategien erfordert.
Im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) ist Prangins als Ortsbild von nationaler Bedeutung aufgeführt. Als besonders schützenswert gilt nicht nur das Schloss aus dem frühen 18. Jahrhundert – heute der Westschweizer Sitz des Schweizerischen Nationalmuseums –, sondern ebenso der historische Ortskern mit den umliegenden Parkanlagen und Freiräumen.
Die Gemeinde Prangins hat sich entschieden, ihre Siedlungsentwicklung auf diesen historisch gewachsenen Werten aufzubauen, diese zu stärken und weiterzuentwickeln. Ziel ist es, das erwartete Bevölkerungswachstum mit einer hohen Siedlungsqualität zu verbinden. Dabei verfolgt die Gemeinde eine aktive Investitionspolitik. Für diese aussergewöhnlichen Leistungen würdigt der Schweizer Heimatschutz die Gemeinde Prangins mit dem diesjährigen Wakkerpreis.
Die weitere Raumentwicklung der Gemeinde Prangins basiert auf einem respektvollen Umgang mit den historisch gewachsenen Freiräumen und Gebäuden. Mit einer klaren Entwicklungsstrategie fördert sie städtebauliche Eingriffe, die eine angemessene Siedlungsentwicklung gegen innen ermöglichen. Dieses präzise Vorgehen schont und stärkt die landschaftlichen und baukulturellen Werte und schafft die Grundlagen, um ein vorgegebenes Bevölkerungswachstum von 30% in zehn bis zwanzig Jahren mit einer hohen Siedlungsqualität zu verbinden. Zugunsten des Erhalts des wertvollen Ortsbildes, der Kulturlandschaften und der Parkanlagen scheut sich Prangins nicht davor, auf bebaubares Kulturland zu verzichten. So ist es der Gemeinde gelungen, Sichtachsen wie diejenige zwischen Schloss und See freizuhalten, Naherholungsgebiete wie das «Vallon des Fossés» zu aktivieren und wertvolles Kulturland für die Landwirtschaft zu erhalten.
Die Gemeinde stärkt die ortsspezifische Identität durch eine sorgfältige Pflege und Weiterentwicklung vorhandener räumlicher Qualitäten. Vielfältige Angebote sowie Investitionen in öffentliche Freiräume aktivieren und beleben den Dorfkern als Zentrum des Gemeindelebens. Im Gemeindehaus – dem ehemaligen Bauernhof des Schlosses – sind unter einem Dach die Verwaltung, der Polizeiposten, ein kleines Lebensmittelgeschäft und eine Krippe vereint. Gegenüber befindet sich im ehemaligen Ofengebäude heute eine Bäckerei. Die «Auberge communale» wurde umfassend renoviert und als Restaurant und Hotel mitten im Dorf reaktiviert. Auch erfolgte die Anlage eines neuen Dorfplatzes, die «Place de la Broderie». Daran angrenzend entstanden 16 Genossenschaftswohnungen in einer denkmalgeschützten Häuserzeile. Mit der geplanten Neugestaltung des Dorfplatzes findet die Aufwertung des Ortskerns seinen vorläufigen Abschluss.
Klare Strategien und Haltungen auf Gemeindeebene ermöglichen eine qualitative und ortsspezifische Entwicklung. Das breit abgestützte Vorgehen erlaubt es, den von aussen auferlegten Wachstumsvorgaben proaktiv zu begegnen. Der kontinuierliche Beizug von externen Fachleuten aus Praxis und Theorie wirkt unterstützend und hilft mit, mögliche Massnahmen zu analysieren und zu präzisieren. Durch öffentliche Wettbewerbsverfahren wird in Prangins in eine qualitätsvolle Zukunft investiert. Dank diesem Vorgehen entstand etwa der geglückte Neubau der Schulanlage «Des Morettes».
Stefan Kunz, Geschäftsführer Schweizer Heimatschutz, stefan.kunz(at)heimatschutz.ch,
Tel. 079 631 34 67
Myriam Perret, Projektleiterin Wakkerpreis, Schweizer Heimatschutz, myriam.perret(at)heimatschutz.ch,
Tel. 076 466 32 94
François Bryand, Gemeindepräsident, fbryand(at)prangins.ch,
Tel. 079 357 17 55
Dominique-Ella Christin, Gemeinderätin Bau und Planung, dechristin(at)prangins.ch,
Tel. 076 339 58 15
Medienmitteilung vom 12. Januar 2021
Ein zukunftsweisendes Modell für die Raumplanung: Wakkerpreis 2021 des Schweizer Heimatschutzes an die Waadtländer Gemeinde Prangins
Der Schweizer Heimatschutz vergibt jährlich einer politischen Gemeinde oder in Ausnahmefällen Organisationen oder Vereinigungen den Wakkerpreis. Das Preisgeld hat mit CHF 20’000 eher symbolischen Charakter; der Wert der Auszeichnung liegt vielmehr in der öffentlichen Anerkennung vorbildlicher Leistung.
Erstmals ermöglicht wurde der Wakkerpreis 1972 durch ein Vermächtnis des Genfer Geschäftsmannes Henri-Louis Wakker an den Schweizer Heimatschutz. Seither sind weitere Legate eingegangen, dank denen der Schweizer Heimatschutz den Preis bis heute vergeben kann.
Der Wakkerpreis zeichnet Gemeinden aus, die bezüglich Ortsbild- und Siedlungsentwicklung besondere Leistungen vorzeigen können. Hierzu gehören insbesondere das Fördern gestalterischer Qualität bei Neubauten, ein respektvoller Umgang mit der historischen Bausubstanz sowie eine vorbildliche Ortsplanung, die Rücksicht auf die Anliegen der Umwelt nimmt.
Über den jeweiligen Preisträger entscheidet die Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten des Schweizer Heimatschutzes auf Antrag des Vorstands. Die Kommission Wakkerpreis empfiehlt den jeweiligen Preisträger zuhanden des Vorstands.
Dr. Brigitte Moser, Kunsthistorikerin, Zug (Präsidentin)
Ludovica Molo, dipl. Architektin ETH/BSA, Lugano
Pierre Feddersen, dipl. Architekt ETH/SIA, Zürich
Christian Bischoff, dipl. Architekt ETH, Genf
Stefan Koepfli, Landschaftsarchitekt BSLA, Luzern
Christof Tscharland-Brunner, Raumplaner, dipl. Ing. SIA SWB MAS, Solothurn
Der Wakkerpreis des Schweizer Heimatschutzes zeichnet politische Gemeinden aus, die bezüglich Ortsbild- und Siedlungsentwicklung besondere Leistungen vorzeigen können. Kandidaten für die Auszeichnung müssen folgende Kriterien erfüllen:
Der Schweizer Heimatschutz vergibt den Wakkerpreis seit 1972. Eine Übersicht der bisherigen Preisträger von Stein am Rhein (1972) über Muttenz (1983), Monte Carasso (1993) und Grenchen (2008) bis Baden (2020).
Mit dem Wakkerpreis 2020 zeichnet der Schweizer Heimatschutz die Stadt Baden (AG) aus. Die verkehrsgeplagte Zentrumsstadt hat mit klugen Investitionen in öffentliche Freiräume Lebensqualität zurückgewonnen.
Der Schweizer Heimatschutz zeichnet die Stadt Langenthal (BE) mit dem Wakkerpreis 2019 aus. Das Zentrum des bernischen Oberaargaus hat nach Jahren der wirtschaftlichen Krise ein neues bauliches Wachstum erfahren, das vom Stolz auf das industrielle Erbe, von guter Planung und der Bereitschaft zum Dialog geprägt ist.
Der Schweizer Heimatschutz zeichnet im Kulturerbejahr 2018 die Nova Fundaziun Origen in Riom (GR) mit dem Wakkerpreis aus. Die Stiftung und ihr Kulturfestival Origen geben dem gebauten Erbe und damit einem ganzen Dorf neue Perspektiven. Die Grundlage dafür liefert das lokale Kulturerbe, das dank Origen weit über die Region hinausstrahlt.
Die Luzerner Kleinstadt erhält den Wakkerpreis 2017 für die sorgfältige und zeitgemässe Weiterentwicklung ihrer historischen Ortskerne von nationaler Bedeutung und für die breit verankerte Diskussionskultur über das Bauen und Planen in der Gemeinde.
Die Aargauer Grenzstadt am Rhein macht deutlich, wie ein vernetztes und langfristiges Denken von Politik und Behörden – auch über die Landesgrenzen hinweg – die Lebensqualität eines Ortes positiv beeinflussen kann.
Die Bündner Talschaft hat die bestehende wertvolle Baukultur und die intakte Kulturlandschaft als Standortvorteile erkannt. Gemeinschaftlich entwickelte Strategien, eine Sensibilisierung der Bevölkerung und die frühzeitige Beratung am Einzelobjekt ermöglichen mit geringem Aufwand den Erhalt der gebauten Identität und fördern hochwertige zeitgenössische Architektur.
Die Aargauer Kantonshauptstadt erhält die Auszeichnung für die vorbildliche Umsetzung einer qualitätsvollen Verdichtung am richtigen Ort – dies unter Bewahrung der Identität der verschiedenen Stadtquartiere.
Die Walliser Kantonshauptstadt erhält die Auszeichnung für den erfolgreichen Wandel, den sie einleitete, indem sie die Landschaft und die Baukultur ins Zentrum der Entwicklung stellte. Im Zuge der vorbildlichen Neugestaltung der öffentlichen Plätze im Stadtzentrum wurde die Art und Weise überdacht, wie die Stadt gestaltet werden sollte. In der Folge begann Sitten, sein baukulturelles Erbe der Moderne, eines der bedeutendsten der Schweiz, verstärkt in Wert zu setzen.
Die Berner Gemeinde Köniz erhält den Wakkerpreis 2013 für ihre vorbildliche Siedlungsentwicklung, die für Agglomerationsgemeinden Modellcharakter hat. Ihre wichtigsten Vorzüge sind eine klare Abgrenzung zwischen dem Siedlungsgebiet und der Kulturlandschaft, eine Verkehrsplanung, die auf der Koexistenz aufbaut, ebenso wie die Bewahrung der Identität der verschiedenen Ortsteile.
Der Schweizer Heimatschutz vergibt zum 40. Mal den Wakkerpreis, diesmal an die neun Gemeinden von Lausanne West. Bussigny, Chavannes, Crissier, Ecublens, Prilly, Renens, St-Sulpice, Villars-Ste-Croix und Lausanne erhalten diese Auszeichnung für ihr koordiniertes Vorgehen bei der Gebietsentwicklung, beim Aufwerten der bestehenden Wohnsituationen und beim Schaffen einer gemeinsamen Identität, womit sie die Qualitäten ihres Gebiets wieder in den Vordergrund rücken.
Das Weinbaudorf im Rheintal erhält die Auszeichnung für seine innovative Ortsplanung. Dank Landumlegungen konnten die charakteristischen Wein- und Obstgärten im Dorfkern erhalten werden ohne die bauliche Weiterentwicklung zu verhindern. Zudem fördert die Gemeinde aktiv gute zeitgenössische Architektur, indem sie berät und mit gutem Beispiel voran geht. Die gelungenen Neubauten stärken das Ortsbild.
Den Wakkerpreis 2009 des Schweizer Heimatschutzes erhält Yverdon-les-Bains (VD). Die Stadt am Neuenburgersee erhält die Auszeichnung für ihren Umgang mit dem öffentlichen Raum, die vorbildliche gemeindeübergreifende Zusammenarbeit und den spürbaren Gestaltungswillen der Gemeindebehörden.
Der Schweizer Heimatschutz zeichnet Grenchen (SO) mit dem Wakkerpreis 2008 aus. Die solothurnische Stadt erhält die Auszeichnung für die vielfältigen Aufwertungen des öffentlichen Raums, für die sorgsame Weiterentwicklung der gebauten Stadt und für den respektvollen Umgang mit den zahlreichen Bauten der Nachkriegszeit.
Der Schweizer Heimatschutz zeichnet die Leistungen der Gemeinde Altdorf mit dem Wakkerpreis 2007 aus. Der Hauptort des Kantons Uri erhält den Preis für seine klare, landschaftsverträgliche Raumentwicklung, die nachhaltige Pflege des Ortsbilds und die erstaunliche Vielzahl gelungener Neubauten und Sanierungen.
Der Schweizer Heimatschutz zeichnet die Leistungen der Stadt Delémont mit dem Wakkerpreis 2006 aus. Der Hauptort des Kantons Jura erhält den Preis für seine klare raumplanerische Strategie zu Gunsten einer behutsamen, qualitätsorientierten Stadtentwicklung. Gutes Bauen wird weniger durch starre Regeln sondern durch Anreiz, Gespräch und Beratung gefördert.
In seinem Jubiläumsjahr zeichnet der Schweizer Heimatschutz ausnahmsweise eine andere Ebene der öffentlichen Hand aus. Die Schweizerischen Bundesbahnen erhalten den Wakkerpreis für das beispielhafte Engagement zugunsten der Baukultur. Das Unternehmen nimmt eine wichtige Vorbildfunktion ein, indem es gute Architektur konsequent fördert und einen respektvollen Umgang mit dem baulichen Erbe pflegt.
Der Stadt Biel (BE) ist es in den letzten zehn Jahren gelungen, nach Jahren der Vernachlässigung, den öffentlichen Raum und das einzigartige bauliche Erbe des 20. Jahrhunderts neu in Wert zu setzen. Es entstanden Plätze und Fussgängerzonen, zahlreiche Bauten des letzten Jahrhundersts wurden unter Schutz gestellt und renoviert. Die gestalterische Qualität von Neubauten konnte dank Architekturwettbewerben deutlich gesteigert werden. Weiter nimmt die Stadt aktiv Einfluss auf die Siedlungsentwicklung, indem sie gezielt Land erwirbt und im Baurecht abtritt.
Das Städtchen Sursee (LU) mit seiner historisch bedeutungsvollen Altstadt war nach 1950 einem unkontrollierten Wachstum ausgesetzt und sieht sich heute mit den Problemen einer ganz normalen Agglomerationsgemeinde konfrontiert. Sursee ist es jedoch gelungen, während der letzten 10 bis 15 Jahre die Stadtentwicklung in eine neue, qualitätsvolle Richtung zu lenken. Mit wegweisenden baulichen Zeichen hat die Stadt einerseits den historischen Kern vor der Musealisierung bewahrt und andererseits den umliegenden, lange vernachlässigten Siedlungsraum bedeutend aufgewertet.
Die Gemeinde Turgi (AG) zeigt, wie sich eine kleine Agglomerationsgemeinde ohne pittoresken Ortskern im Rahmen ihrer bescheidenen Möglichkeiten erfolgreich für eine qualitätvolle Siedlungsentwicklung einsetzen kann. Dank einer aktuellen Nutzungsplanung, zeitgemäss gestalteter Neubauten und eines sorgfältigen Umgangs mit historischen Bauten hat Turgi in den letzten 15 Jahren eine beispielhafte Aufwertung des Lebensraumes erreicht.
Dank beispielhafter planerischer und baulicher Massnahmen ist es der Stadt Uster (ZH) gelungen, in der zunehmend anonymen schweizerischen Agglomerationslandschaft eine eigene Identität zu schaffen. Der Siedlungsraum wurde klar vom ländlichem Raum getrennt, eine hochwertige, zeitgenössische Architektur aktiv gefördert und die alte Bausubstanz respektvoll in die Gegenwart integriert.
Die Stadt Genf wurde für ihre vorbildliche Arbeit zur Aufwertung des öffentlichen Raumes entlang der Rhone und besonders für das Projekt «Le Fil du Rhône» ausgezeichnet. Auf behutsame und kreative Weise werden Fussgängerpassagen, Quais und Plätze neu gestaltet. Architekten, Bauingenieure und Künstler machen so in beispielhafter Zusammenarbeit den Lebensraum am Wasser zu Erlebnis.
Die Gemeinde Hauptwil-Gottshaus (TG) wurde für ihre vorbildlichen Bemühungen zur Pflege und Erhaltung des industriellen Erbes und der industriellen Kulturlandschaft ausgezeichnet. So konnten Wohn- und Gewerbebauten aus den drei vergangenen Jahrhunderten beispielhaft erhalten und neuen Nutzungen zugeführt werden.
Die Gemeinde Vrin (GR) hat seit einigen Jahren gezeigt, wie sich heutige landwirschafltiche Gebäude in ein traditionelles Bergdorf eingliedern können. Dies erreicht sie einerseits durch ein tolerantes Verständnis für Architektur und anderseits durch eine Ortsplanung, die sowohl auf die traditionellen Siedlungsstrukturen wie auch auf die Bedürfnisse der modernen Landwirtschaft vorausschauend reagiert.
Die Stadt Bern hat auf verschiedene Weise die gekonnte Umnutzung nicht mehr verwendeter Industriebauten gefördert. Dadurch hat sie wertvolle Zeugen der früheren Industriezeit vor dem Abbruch bewahrt und gleichzeitig interessante Lösungen für die Schaffung von Raum für kulturelle Zwecke mitunterstützt.
Die Stadt Basel hat den Preis erhalten als Anerkennung für ihre langjährige Baupolitik, mit welcher sie zeigt, wie sich heutige Architektur ohne Anbiederung in traditionelle Ensembles einordnen lässt. Dabei hat die Stadt auf gekonnte Weise politische und kulturelle Kräfte zu gemeinsamem Handeln zusammengeführt.
Die Gemeinde Splügen (GR) hat ein beachtenswertes Zusammenwirken zwischen Ortsbilderhaltung und Tourismus erreicht. Durch einen strikten Schutz für den alten Ortskern bewahrt sie ihre baukulturelle Substanz, und ermöglicht gleichzeitig durch eine rationale Zonenplanung eine wirtschaftlich vernünftige Weiterentwicklung.
Die Stadtbehörden haben während der 1980er-Jahre durch eine erfolgreiche Motivationskampagne, die oft versteckten Schönheiten der schachbrettartig angelegten Bebauung zur Geltung und der Bevölkerung näher gebracht. Damit haben sie erreicht, dasss auch die privaten Eigentümer sich des architektonischen Wertes ihrer Häuser bewusst wurden und durch deren Restaurierung die kulturelle Lebensqualität in der Stadt spürbar verbesserten.
Die Gemeinde Monte Carasso will sich gegen die ausufernde Agglomeration Bellinzona abgrenzen und arbeitet seit mehr als zehn Jahren an einem festen Rahmen für die ungeordnete Bebauung der letzten Jahrzehnte. Um den baulichen Schwerpunkt des Ortes herum – die Kirche mit dem kürzlich zu einem Schulhaus umgebauten Augustinerinnenkloster – ist in der einfachen, aber ausdrucksstarken Architektur des bekannten Architekten Luigi Snozzi ein innerer Ring aus öffentlichen und privaten Bauten im Entstehen. Vor kurzem schloss die Gemeinde auch ihre Zonenplanrevision ab, die guten Voraussetzungen für eine architektonisch hochwertige Verdichtung und Entwicklung bietet. Dabei wirkten offensichtlich kreative und gleichzeitig liberale Kräfte mit, denn die Bauordnung enthält nur wenige und recht lockere Vorschriften, schafft aber eine Expertenkommission, welche die Baugesuche auf deren Einordnung hin prüft.
St. Gallen erarbeitet städtebauliche Studien über grössere Gebiete, in denen sich Bauabsichten bemerkbar machen. Damit definiert die Stadt ihre Vorstellungen über ihre weitere Entwicklung. Die Überbauungsvorschläge erhalten keine rechtliche Verbindlichkeit, sondern helfen, Bauherren und Architekten von den Vorzügen rücksichtsvoller und qualitativ hochstehender Einordnung in die Umgebung zu überzeugen.
Cham (ZG) wurde für die weitblickende und konsequente Freiraumplanung ausgezeichnet. Die Gemeinde hat ausserhalb der Siedlungen grossräumige Landschaften geschützt und im Baugebiet Zonen festgelegt, die entweder frei gehalten werden müssen oder nur von der öffentlichen Hand überbaut werden dürfen. Ein besonderer Kernzonenplan gewährleistet eine anregende und wohnliche Gestaltung der Aussenräume und verpflichtet die Behörde zur Schaffung eines zweckmässig angelegten Netzes von Fussgängerverbindungen, die sich stellenweise zu Plätzen erweitern.
Der Preis anerkennt die Bestrebungen zur Pflege der vom Tourismus des 19. Jahrhunderts geprägten baulichen Struktur. Montreux (VD) erlebte seinen prägenden Entwicklungsschub im Hotelbau des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Ab 1950 setzte andererseits eine erhebliche Bauentwicklung ein, die stellenweise unschöne Einbrüche in das auf sympathische Weise leicht anarchische, aber umso anregendere Stadtbild provozierte. Die Wende kam mit der Restaurierung und dem Wiederaufbau der offenen Markthalle aus dem letzten Jahrhundert, die zugunsten eines Parkplatzes zum Abbruch bestimmt gewesen war.
Für die Respektierung der Wohnstrukturen des 19. und 20. Jahrhunderts erhielt Winterthur (ZH) den Wakkerpreis. Diese Auszeichnung anerkennt die Schaffung der planerischen Möglichkeit Gartensiedlungen für Arbeiter und Angestellte sowie Villenquartiere zu erhalten. Vor allem die Reihenhaussiedlungen betrachtet der Schweizer Heimatschutz als eine heute und in Zukunft gültige familienfreundliche Wohnform.
Der Preis anerkennt die gemeinsamen Bemühungen und Erfolge der Privaten, der Wirtschaft und der Behörde hinsichtlich der Erhaltung und Pflege des Stadtbildes. Neben der Sorge um die Hochbauten bemüht sich die Stadt auch um die gute Einordnung der weiteren Ausstattung der öffentlichen Räume mit Brunnen, Beleuchtungskörpern und Strassenbelägen sowie um die Pflege der baulichen Details wie Beschriftungen, Blitzableiter und Windfahnen.
Die Gemeinde budgetiert jährlich einen Betrag von CHF 70'000.– für die finanzielle Unterstützung privater Restaurierungsvorhaben und investiert auch für die Renovation öffentlicher Gebäude jedes Jahr bis zu CHF 100'000.–. Ein besonderes «Baureglement für die Altstadtzonen» enthält für die eigentliche Altstadt, die Umgebung der Thurbrücke und das sogenannte «Schlössli» sehr strenge Vorschriften hinsichtlich der Erhaltung und Gestaltung der Bauten. Eine engere und weitere Umgebungsschutzzone sorgt für Rücksichtnahme auf das Stadtbild.
Diemtigen (BE) hat durch eine konsequente Planung erreicht, dass das 130 km2 messende Gemeindegebiet vor Beeinträchtigungen weitgehend verschont geblieben ist. Dies war nicht einfach, weil in einem traditionellen Streusiedlungsgebiet, wie es das Diemtigtal darstellt, die Grundeigentümer im ganzen Gebiet verteilt sind und sich dementsprechend auch Wünsche nach Einzonung von Bauland ergeben können. Dieser Gefahr ist die Gemeinde begegnet, indem sie weiträumige Landschaftsschutzzonen ausschied, die Ferienhausgebiete rigoros einschränkte und auf wenige Stellen konzentrierte.
Laufenburg (AG) ist als Ortsbild von nationaler Bedeutung eingestuft und die Gemeinde hat von sich aus Erhebliches zur Pflege des Ortsbildes geleistet durch Bereitstellung planerischer Grundlagen, durch Ausführung eigener Projekte wie auch durch Unterstützung entsprechender privater Vorhaben.
Der Grund für die Verleihung des Wakkerpreises war einerseits die sorgfältige, integrale bauliche Erhaltung der Altstadt und deren Aufwertung als Lebensraum, sowie auch die Zentrumsplanung in der näheren Umgebung. Aufgrund dieser Planung wird ausserhalb der Altstadt, deren Bebauung aus dem 15. bis 19. Jahrhundert stammt, auch die Verbindung zwischen Altstadt und Bahnhof sukzessive zugunsten der Fussgänger vom Autoverkehr entlastet. Schutzzonen verschiedener Art rund um die Altstadt verhindern, dass diese durch beeinträchtigende Bauten verunstaltet wird.
Die Gemeinde erhielt den Preis als Anerkennung der Anstrengungen, die historische Bausubstanz in einer stark industrialisierten Umgebung zu erhalten, durch eine gezielte Bodenpolitik und Dorfkernplanung eine gesunde Durchmischung traditioneller und neuzeitlicher Nutzungen zu gewährleisten, zeitgenössische Architektur mit den geschichtlich gewachsenen Strukturen zu verbinden, sowie die Frei- und Strassenräume im Dorfzentrum lebensfreundlich zu gestalten.
Aufgrund ihres beispielhaften Beitrages zur Verminderung der Abwanderung aus einer entvölkerungsgefährdeten Talschaft wurde die Gemeinde Avegno (TI) mit dem Wakkerpreis ausgezeichnet. So wurden planerische, rechtliche und bauliche Massnahmen zur Erhaltung des traditionellen Ortsbildes beschlossen, die eine massvolle Entwicklung des Dorfes ermöglicht.
Den Preis erhielt Elm (GL) als Anerkennung für planerische, bauliche und rechtliche Massnahmen zum Schutze und zur rücksichtsvollen Entwicklung des Dorfes. Dazu gehören auch die beispielhafte Eingliederung moderner Gemeinschaftsbauten ins bestehende Orts- und Landschaftsbild und die Bemühungen der Dorfgemeinschaft an einem intakten Lebensraum unbeirrt festzuhalten.
Aufgrund der Auszeichnung fühlt sich die Stadt Solothurn verstärkt dazu verpflichetet, die Sanierung der Altstadt und die Weitergestaltung einer für Leben und Zusammenleben bestimmten Innenstadt vorzunehmen, die Restaurierung wertvoller Einzelbauten ausserhalb der Kernzone zu fördern und die Erweiterung der Grünanlagen durchzuführen.
Trotz der grossen finanziellen Opfer, welche die Bevölkerung für die Schutzbestrebungen bringen musste, hat sie es geschafft, die wertvollen Bauten zu sichern und zu renovieren. Im Vordergrund standen die öffentlichen Bauten, bis man dann allmählich versuchte auch die privaten Umbauten und Renovationen in den Griff zu bekommen.
Dank einer ausserordentlich langsamen Bevölkerungsentwicklung im Laufe der vergangenen Jahrhunderte bietet Dardagny heute das beinahe unveränderte Bild eines Dorfes aus dem 18. Jahrhundert. Nichts stört das reizvolle Bild dieses Weinbauerndorfes mit seinen lauschigen Winkeln und Gässchen. Der dörfliche Bauernhof ist charakterisiert durch die weiten Rundbogen seiner Toreinfahrten und die häufig anzutreffenden Freitreppen. Ganz besonders bestimmen Ausmasse und Baumaterialien den ländlichen Hoftyp von Dardagny.
Als Kur- und Erholungsstätte spielt Gais (AR) eine wichtige Rolle, daher will man das Orts- und Landschaftsbild intakt erhalten. Das Baureglement ist weit über das Übliche hinaus darauf ausgerichet, die Eigenart und Schönheit des Bestehenden zu bewahren und Neues zuzulassen, wenn es sich ästhetisch befriedigend in den Gesamtrahmen einfügt.
Die Heimatschutzgesellschaft Grüningen überwacht bauliche Veränderungen im Städtchen und dessen Umgebung und unterbreitet Vorschläge für Verbesserungen. Sie erwirbt, renoviert und veräussert Liegenschaften zur Sicherung des Ortsbildes, führt das Ortsmuseum, veranstaltet kulturelle Anlässe und gibt Publikationen heraus. Der Initiative ihres Vorstandes ist es zu verdanken, dass eine Reihe städtebaulich und historisch wichtige Bauten gerettet werden konnten.
Das Dorf im Unterengadin kann sich rühmen, eines der charaktervollsten und besterhaltenen Ortsbilder der Schweiz zu besitzen. Keine Selbstverständlichkeit für eine Gemeinde, welche zur Hauptsache von der kargen Berglandschaft und von einem bescheidenen Tourismus leben muss. Vor allem die Abwanderung der jungen Leute in die städtischen Agglomerationen des Unterlandes gehört zu den schwersten Problemen, mit denen das Dorf zu ringen hat.
Bis heute hat das Städtchen seinen Charakter, seinen alten Baubestand und sein traditionelles Aussehen bewahrt. Unermüdlich und mit Erfolg sucht ein Altstadtkomitee die Bevölkerung über den Wert des Ortsbildes aufzuklären; es ist auch aktiv am Werk. Behörden und Bürgerschaft sind darauf bedacht, der Nachwelt das Siedlungsbild in unverfälschter Schönheit zu sichern.
Auf einer in den See vorspringenden Halbinsel hat der alte Kern dieser waadtländischen Ortschaft, der sogenannte «bourg», ein geschlossenes Bild bewahrt, sowohl was die bescheidenen Strassenfronten und die einheitlichen ziegelgedeckten Dachflächen als auch was die Hauptgasse bis zum Stadttor anbelangt. Mit geeigneten gesetzlichen Massnahmen hat das Städtchen St. Prex seinen Charakter vorzüglich erhalten.
Stein am Rhein (SH) hat zu einem aussergewöhnlichen, ja einzigartigen Stadtbild in beispielhafter Weise Sorge getragen. Wohl nirgends in der Schweiz und nur an sehr wenigen Orten in Europa finden sich auf engem Raum so viele hervorragende Einzelbauten. Von ganz besonderer Bedeutung ist das auf dem mittelalterlichen Grundriss gewachsene Stadtbild.