Die Appenzeller Bahnen AG will den alten Bahnhof Trogen (Aufnahmegebäude mit angebautem Güterschuppen) abreissen und durch einen Neubau mit Wohn- und Gewerbenutzung ersetzen (St.Galler Nachrichten, 11.07.2017). Die Haltestelle sei veraltet und entspreche nicht mehr den heutigen Bedürfnissen, steht in der Zeitung. Gegen das Projekt gibt es auf verschiedenen Ebenen Widerstand: Der Heimatschutz Appenzell Ausserhoden hat im Oktober 2017 gegen das von den Appenzeller Bahnen eingereichte Abbruchgesuch Einsprache gemacht (Tagblatt, 08.07.2017). Zudem läuft eine Sammeleinsprache des Vereins «Alter Bahnhof Trogen», der sich seither für eine sanfte Neugestaltung des alten Bahnhofs und seiner Umgebung einsetzt. Das Departement für Bau und Volkswirtschaft Ausserrhoden hat die Abbruchbewilligung nun aufgehoben, das Interesse am Schutz des Gebäudes sei von der Gemeinde zu wenig gewichtet worden (St. Galler Tagblatt, 29.08.2020).
Der Bahnhof Trogen wurde zusammen mit der Trogenerbahn 1903 erbaut und ist mit seinem «Schweizerhäuschen-Stil» nicht nur intakter Zeitzeuge der Bahn- und Dorfgeschichte, sondern auch ein wichtiger Bestandteil des Ortsbildes. Insbesondere die beiden westlichen Villen auf der gegenüberliegenden Strassenseite, die Elemente des Schweizer Holzstils und des Jugendstils vereinen, ergeben zusammen mit dem alten Bahnhof ein wertvolles Ensemble. Stilistisch gehört der Bahnhof dem Historismus an.
Eine besondere Stellung geniesst der Bau weiter als sogenanntes «polyfunktionales» Stationsgebäude: Das Gebäude war damals in erster Linie Bahnhof, beherbergte zugleich aber auch die Post und Wohnungen für die Angestellten. Obwohl die Unterbringung dieser verschiedenen Funktionen geläufig war, sind heute Vergleichsbeispiele nur schwer zu finden. Diese Doppelfunktion lässt sich am Grundriss sowie auch an der Kubatur des Gebäudes ablesen. Der Bahnhof wird leider noch nicht als Schutzobjekt geführt, figuriert aber im ISOS (Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung) als A-Objekt. Gemäss
Moritz Flury, Denkmalpfleger Kanton St. Gallen hat das Gebäude die Bedeutung eines Schutzobjektes.
Weitere Informationen über die Baugeschichte in «Der Bahnhof von Trogen – Kunsthistorisches Gutachten» (Moritz Flury, 2000).
Das von der Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden und dem Verein Alter Bahnhof Trogen ersuchte Gutachten der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege (EKD) vom 27. August 2018 zum alten Bahnhof und zum geplanten Neubau wurde den involvierten Parteien im Herbst 2018 zugestellt. Da die Begutachtung auch Fragen zum Ortsbildschutz umfasst (Trogen als Ortsbild von nationaler Bedeutung und im ISOS), wurde das Gutachten gemeinsam mit der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) verfasst.
Die beiden eidgenössischen Kommission stellen sich dezidiert gegen den Abbruch des alten Bahnhofs und empfehlen, auf die Realisierung des Vorhabens zu verzichten und den historischen Bahnhof «[…] als wichtigen Zeitzeugen der Technikgeschichte sowie prägenden und identitätstiftenden Bau im Ortsbild von Trogen zu erhalten». Das bauliche Ensemble an der Speicherstrasse wird präzise beschrieben und dessen ungeschmälerte Erhaltung gefordert.
Der Entscheid desTrogener Gemeinderates, den alten Bahnhof nicht unter Schutz zu stellen, nimmt der Ausserrhoder Heimatschutz nicht hin. Im Februar 2019 hat er Rekurs beim Departement für Bau und Volkswirtschaft eingereicht. (siehe Tagblatt, 03.02.2019)
Bahnhof Trogen
Speicherstrasse 11
9043 Trogen
«Der Heimatschutz Appenzell AR stellt sich die Frage, wie historische Gebäude überhaupt noch geschützt werden können, wenn sich Gemeinden über die Einschätzung der nationalen Kommissionen sowie die Kategorisierung «Isos A» hinwegsetzen.»
Statement Heimatschutz Appenzell Ausserrhoden, 03.05.2019
«100-jährig ist er das letzte Zeugnis aus der Zeit des Baus des «Trogner-Bähnli». Die einen sagen, er sei Kitsch, die andern, er passe nicht ins Appenzellerland. Ich sage: Er ist Ausdruck jener Zeit um 1900, als dieser Chalet-Stil in Mode war; er erinnert an stolze Fremdenverkehrszeiten.»
Moritz Flury, Denkmalpfleger Kt. SG (Appenzeller Zeitung 2011)
«Das Bahnhofsgebäude ist ein bedeutendes materielles Zeugnis der Geschichte der Trogenerbahn und als letzter erhaltener baulicher Zeuge […] ein identitätstiftendes Element, das in seiner Substanz, bzw. seiner überlieferten Materie schutzwürdig ist»
Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission und Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege, Gutachten vom 27.08.2018
Heimatschutz Appenzell Ausserrhoden
Seit 1910 setzt sich der Heimatschutz Appenzell Ausserrhoden für den Erhalt der Eigenart und der Schönheit der Dörfer im Kanton ein. Er fördert unter Beachtung der gesetzlichen Grundlagen eine Raumordnung und Baugestaltung, die den Bedürfnissen aller Bewohner*innen dient und unterstützt gute identitätserhaltende neue Architektur.
Verein «Alter Bahnhof Trogen»
Der Verein will die Entstehung eines lebendigen Treffpunktes mit dem alten Bahnhofgebäude als Zentrum fördern: Wohn- und Arbeitsräume, Privates, Gewerbe und Freiräume. Endstation der Trogener Bahn, Postbusbahnhof und die notwendige Infrastruktur sollen gewährleistet sein.
«Eine grosse Freude und Genugtuung»: Das Departement Bau und Volkswirtschaft Ausserrhoden hat die Abbruchbewilligung für den alten Bahnhof Trogen aufgehoben
Miguel Lo Bartolo, Tagblatt, 29.08.2020