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Rücksichtsloser Abbruch zugunsten Verkehrsprojekt

Rücksichtsloser Abbruch eines Gebäudes aus dem 19. Jahrhundert in der Kernzone von Fehraltorf zugunsten eines Verkehrsprojekts mit Signalanlage. Ein Hinweis auf den Abriss fehlte in der öffentlichen Ausschreibung.

Eine längst überwunden geglaubte Priorisierung von Strassenbauanlagen

In der Kernzone von Fehraltorf klafft seit einiger Zeit eine hässliche Freifläche in der Kernzone. Ein Haus aus dem 19. Jahrhundert haben Kanton und Gemeinde kurzerhand dem Verkehr geopfert - ganz im Geiste der längst überwunden geglaubten Verkehrspolitik der 1960er- und 1970er-Jahre. Inzwischen sollten Politik und Verwaltung, so würde man meinen, doch erkannt haben, dass intakte Kernzonen und der Bestand alter Gebäudekomplexe für die Verbundenheit der Einwohner mit ihrem Wohnort wichtige Elemente darstellen. Abgesehen davon, dass wir es den nachfolgenden Generationen schuldig sind, dass sie in vergangener Architektur Geschichte erfahren und nicht nur auf alten Fotos einsehen können. Kernzonen umfassen schutzwürdige Ortsbilder, wie Stadt- und Dorfkerne oder einzelne Gebäudegruppen, die in ihrer Eigenart erhalten oder erweitert werden sollen. So steht es im Zürcher Planungs- und Baugesetz. Und entsprechend hatte auch Fehraltorf eine Kernzone ausgeschieden.

Ein Abriss mitten im Dorfkern zugunsten verkehrstechnischer Freiräume reisst hässliche Lücken ins Ortsbild. In Fehraltorf hat die Baudirektion des Kantons Zürich eine solche Verschandelung der Kernzone zur Sanierung der quer durch die Gemeinde verlaufenden Kantonsstrasse rücksichtslos in Kauf genommen. Zugegeben, es handelt sich bei der Kempttalstrasse um eine stark befahrene Durchgangsstrasse. In diesem Zusammenhang wird die Kreuzung Kempttalstrasse / Rumlikerstrasse ausgebaut und statt des Stoppsignals beim Einbiegen in die Kantonsstrasse soll künftig eine Lichtsignalanlage den Verkehr regeln. Dass dafür eine so grosszügige Strassenführung an dieser Ecke zwingend erforderlich war, die den Abriss des Hauses aus dem 19. Jahrhundert unausweichlich machte, ist indessen nicht einzusehen und inakzeptabel. Es wäre im Gegenteil die Pflicht von Gemeinde und Kanton gewesen, die Schutzwürdigkeit des Hauses genau zu prüfen.

Kein Hinweis auf den Abbruch des Hauses in der öffentlichen Ausschreibung

Ausserdem legt der Fall die Mangelhaftigkeit des Verfahrens offen. Im August 2017 wurde das Strassenbauprojekt im Zürcher Amtsblatt öffentlich ausgeschrieben und zur Einsicht bei der Gemeinde Fehraltorf aufgelegt. Darin wird detailliert verkündet, dass die Projektunterlagen und der Landerwerbsplan nebst einem Verzeichnis sämtlicher für die Abtretung von Rechten oder die Leistung von Beiträgen in Anspruch genommenen Personen sowie der an sie gestellten Ansprüchen aufliegen. Es wird auf die Möglichkeit zur Einsprache gegen Enteignungen sowie auf die Entschädigungsbegehren hingewiesen und am Schluss auch die übliche Einsprachemöglichkeit gegen das Projekt erwähnt. Mit keinem einzigen Wort erfahren die Bürger hingegen, dass im Zusammenhang mit dem Strassenprojekt ein Haus aus dem 19. Jahrhundert abgerissen wird.

Die normalerweise erforderliche Bewilligung für den Abbruch von Gebäuden in der Kernzone ist offenbar in der Genehmigung von Projekten für Verkehrsanlagen eingeschlossen. Darauf beruft sich jedenfalls die Baudirektion des Kantons mit dem Verweis auf das Planungs- und Baugesetz. Man reibt sich die Augen, dass so schwerwiegende Eingriffe in das Ortsbild ohne Erwähnung in der öffentlichen Ausschreibung zulässig sein sollen. Ein Bürger müsste es sich bei dieser Rechtslage zur Gewohnheit machen, sämtliche Strassenbauprojekte auf der Gemeinde einzusehen, um keine bösen Überraschungen erleben zu müssen.

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Medienmitteilung vom 21. Februar 2023

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