Der Zusammenbruch der traditionsreichen Porzellanfabrik Langenthal hatte eine Schockwirkung auf die Stadt. Weil auch andere bedeutende Industriefirmen schwächelten, waren an der Jahrtausendwende weit über 1000 Arbeitsstellen verloren gegangen. Die Stadt Langenthal überwand die Krise nicht zuletzt dank einer Rückbesinnung auf die Qualitäten vor Ort und mit Mut zur Innovation. Dies zeigt sich besonders im Umgang mit dem reichen gebauten Erbe der Industriegeschichte: Fabrikareale, Arbeitersiedlungen, öffentliche Gebäude und Villenanlagen wurden systematisch inventarisiert und als zentrale Ankerpunkte für die künftige Entwicklung in der Planung festgeschrieben.
Sinnbildlich für die Herangehensweise der Stadt steht die gemeinschaftliche Testplanung für das Areal der Porzellanfabrik. Die Stadt verlangt von den Investoren Verantwortung und eine Gesamtsicht bei der Entwicklung neuer Werte, und ist im Gegenzug bereit, Fachwissen und Geld in einen Prozess einzubringen, der Qualität und Langfristigkeit sichern soll.
Auf Weitsicht und Dialog setzt die Stadt auch bei der baulichen Verdichtung in wertvollen Quartieren. In Langenthal kehrt ein Workshop-Verfahren die üblichen Prozesse um: Fachleute des Städtebaus und der Denkmalpflege bewerten ein Projekt nicht erst bei der Vorlage eines Baugesuches. Vielmehr begleiten sie Architekten und Investoren von der Ideensuche bis zur Baueingabe. Dieser relativ kostengünstige, auf kurze 60 Tage angelegte Prozess klärt Interessen und Wünsche frühzeitig und schafft im Idealfall Mehrwerte für Eigentümerschaft und Öffentlichkeit.
Die Stadt Langenthal hat in den letzten Jahren markant in die Aufwertung der öffentlichen Räume im Zentrum und an wichtigen Achsen investiert. Dasselbe gilt für die Renovation und Aktualisierung vieler Bildungsbauten oder des Stadttheaters. Mit diesen Massnahmen erklärt die Stadt selbstbewusst, dass sie ein lebendiges und urbanes Zentrum einer grösseren ländlichen Region sein will.
Eine handliche und reich bebilderte Publikation zum diesjährigen Wakkerpreis mit Beiträgen auf Deutsch und Französisch (48 Seiten) bietet weiteres Hintergrundwissen.
Die offizielle Preisübergabe findet am 29. Juni 2019 im Rahmen einer öffentlichen Feier in Langenthal statt.
Stefan Kunz, Geschäftsführer Schweizer Heimatschutz,
Tel. 044 254 57 00
Reto Müller, Stadtpräsident Langenthal, Tel. 079 376 91 84
Weitere Aufnahmen bei Keystone (kostenpflichtig): www.keystone.ch
Der Schweizer Heimatschutz (SHS) vergibt jährlich einer politischen Gemeinde oder in Ausnahmefällen Organisationen oder Vereinigungen den Wakkerpreis. Das Preisgeld hat mit CHF 20'000 eher symbolischen Charakter; der Wert der Auszeichnung liegt vielmehr in der öffentlichen Anerkennung vorbildlicher Leistung.
Erstmals ermöglicht wurde der Wakkerpreis 1972 durch ein Vermächtnis des Genfer Geschäftsmannes Henri-Louis Wakker an den Schweizer Heimatschutz. Seither sind weitere Legate eingegangen, dank denen der SHS den Preis bis heute vergeben kann.
Der Wakkerpreis zeichnet Gemeinden aus, die bezüglich Ortsbild- und Siedlungsentwicklung besondere Leistungen vorzeigen können. Hierzu gehören insbesondere das Fördern gestalterischer Qualität bei Neubauten, ein respektvoller Umgang mit der historischen Bausubstanz sowie eine vorbildliche Ortsplanung, die Rücksicht auf die Anliegen der Umwelt nimmt.
Nach Wiedlisbach (1974), Diemtigen (1986), Bern (1997), Biel (2004) und Köniz (2012) geht der Wakkerpreis zum sechsten Mal an eine Gemeinde im Kanton Bern. Kurzinformationen zu allen bisher vergebenen Wakkerpreisen: www.heimatschutz.ch/wakkerpreis
Über den jeweiligen Preisträger entscheidet die Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten des Schweizer Heimatschutzes auf Antrag des Vorstands. Die Kommission Wakkerpreis empfiehlt den jeweiligen Preisträger zuhanden des Vorstands.