Medienmitteilung

Ortsbildschutz: Abbrüche verschärfen die Wohnungsnot

Mit der drohenden Wohnungsknappheit einher geht die Forderung nach Abbau von Schutzbestimmungen. In Anbetracht der Tatsache, dass nur knapp 3 Prozent der Siedlungsfläche unter Ortsbildschutz stehen, greifen solche Forderungen zu kurz. Mehr Qualität, weniger Abbrüche und höhere Belegungsdichten leisten einen effektiveren Lösungsbeitrag.

Seit längerer Zeit torpedieren Immobilienkonzerne und der Hauseigentümerverband den Ortsbildschutz und damit die Erhaltung wertvoller historischer Bauten. Alles soll den immer gleichen viereckigen Klötzen geopfert werden.

Die Botschaft, die mit diesem Narrativ verbreitet wird, geht dahin, dass der Ortsbild- und Denkmalschutz am Mangel an Wohnraum Schuld ist. Dabei sind in der Schweiz weniger als 10% der Gebäude definitiv oder provisorisch in einem Schutzinventar aufgeführt, und kaum 3% der Siedlungsfläche wird vom Inventar schützenswerter Ortsbilder der Schweiz (ISOS) erfasst. Wenn es zu wenig Wohnraum gibt, dann lässt sich das Problem nicht lösen, indem diese wenigen Objekte zerstört und die schönsten Orte verunstaltet werden. 

Das Problem liegt ganz anderswo: Gut situierte Bevölkerungskreise beanspruchen immer grössere Wohnungen. Auch steigt der Zweitwohnungsanteil nicht nur in den Bergen, sondern auch in Städten wie Genf, Bern, Zürich, Luzern, St. Gallen u.v.a. Trotz frenetischer Bautätigkeit in allen städtischen Ballungsgebieten steigt daher die Einwohnerzahl nur wenig. Der Grund liegt darin, dass die viel teureren Neubauwohnungen von weniger Personen bewohnt sind als preisgünstige Altwohnungen. Leisten können sich die neuen Wohnungen vor allem alleinstehende Personen und Paare ohne Kinder. Der Trend der abnehmenden Belegungsdichte wird verschärft durch die Zerstörung von Wohnungen. Schätzungen gehen davon aus, dass jährlich 3000 bis 5000 Wohnungen der Abrissbirne zum Opfer fallen. 

Die Immobilienbranche und der Hauseigentümerverband fordern die Abschaffung von Ortsbild- und Denkmalschutz und insbesondere des Inventars schützenswerter Ortsbilder der Schweiz. Man soll alles bauen können, ohne lästige Einschränkungen wie Umgebungs- und Lärmschutz. Auch das Mitspracherecht der Betroffenen im Quartier soll ausgehebelt werden, obwohl die Gerichte mit ihrem Interessenausgleich viel dazu beitragen, dass Neubauten sich gut in die Umgebung einfügen und damit eine nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Verdichtung gelingt.

Der Schweizer Heimatschutz widersetzt sich diesen Tendenzen auf allen Ebenen. Die Schweiz soll nicht zu einer hässlichen Betonwüste werden. Wertvolle historische Bausubstanz soll erhalten bleiben. Sie dient nicht zuletzt der Verbundenheit der Bevölkerung mit ihrem Wohnort. Es geht um die Lebensqualität aller, und auch darum, dass die Bewohnerinnen und Bewohner der Städte und Dörfer nicht aus ihren Wohnungen verdrängt werden. 

Resolution

Resolution des Schweizer Heimatschutzes: Nein zum Abbau beim Ortsbildschutz
Verabschiedet an der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten des Schweizer Heimatschutzes am 22. April 2023 in Bern

Kontakt

Martin Killias, Präsident Schweizer Heimatschutz,
T 079 621 36 56